Samstag, 28. Januar 2006

Objektiv betrachtet

Es ist wieder an der Zeit, daß ich mich über irgendwelche Lappalien aufrege, die ich ohnehin nicht beeinflussen kann. Gelegentlich brauche ich das einfach. Diesmal habe ich jedoch weder das Wetter noch die Sommerzeit noch irgendwelche Perlen unserer Politiker im Visier.
Was mich im Moment beim abendlichen Autofahren besonders ärgert, das sind diese superhellen Scheinwerfer mit bläulichem Licht. Weil sie schlicht und einfach blenden.
Als sie vor einiger Zeit eingeführt wurden, gab es eine abstruse Begründung eines ADAC Experten, die sinngemäß lautete:
"Objektiv betrachtet blenden die neuen Scheinwerfer nicht mehr als normale Halogenscheinwerfer. Das subjektive Gefühl, geblendet zu werden, entsteht einzig und allein durch die höhere Lichtintensität, die in einem bestimmten Winkel abgestrahlt wird." Bei dieser Aussage kamen mir damals objektive Zweifel an der subjektiven Intelligenz dieses Experten. (Und auch daran, ob die Menschheit überhaupt noch zu retten sei.)
Das erinnert mich jetzt, wenn ich das schreibe, an eine andere Geschichte.
Vor einigen Jahren begab ich mich in medizinische Behandlung. Beim ersten Termin bekam ich eine Spritze, jede Menge Ratschläge und eine kleine Broschüre "Merkblatt für ambulante Patienten" verpaßt. Darin wurde mir u.a. versichert, daß die Behandlung völlig schmerzfrei und absolut ungefährlich sei. Beim nächsten Termin fragte mich der Arzt, wie es mir so in der Zwischenzeit ergangen ist.
"Danke, es geht jetzt besser. Nach der Spritze habe ich aber ziemliche Schmerzen bekommen" sagte ich wahrheitsgemäß.
Der Arzt blickte mich verständnislos an.
"Sind Sie sicher? Objektiv betrachtet kann ich das gar nicht nachvollziehen. Haben Sie das Merkblatt nicht gelesen? Diese Behandlungsmethode ist völlig schmerzfrei."
Ich habe vergeblich nach einer Spur von Humor in seinen Augen gesucht. Da war nichts zu holen.
"Na gut, wenn ich das richtig bedenke... also objektiv betrachtet waren meine Schmerzen ja ziemlich subjektiv" gestand ich.
Es gelang mir erstaunlicherweise nicht, ihn damit zu beleidigen. Wir setzten die Behandlung fort.

Freitag, 27. Januar 2006

Immer Ärger mit diesen Sonderlingen

Die fallen schon in der Kindheit auf, weil sie anders denken, anders spielen und anders lügen als die normalen Kinder.
Später wird das noch schlimmer. Je älter sie werden, desto weniger reagieren sie auf die Ablehnung durch die Gesellschaft. Verständlicherweise beginnt man irgendwann damit, sie auch in ihrem Beisein unverblümt zu verspotten, da man annimmt, daß sie das ohnehin nicht richtig mitkriegen. Langsam fangen sie an, sich komisch anzuziehen. Und wenn sie richtig alt sind, dann reden sie so beschissen höflich, wenn überhaupt.
Es ist wirklich ein Kreuz, das mit den Sonderlingen.

Donnerstag, 26. Januar 2006

Zungenbrecher

Es klopfte leise. Die Tür ging langsam so weit auf, bis das hübsche Gesicht der kurdisch-türkischen Putzfrau ganz zu sehen war. Sie trug wie immer ihr warmes und breites Lächeln. (Außerdem ist sie die eleganteste "Reinigungskraft", die ich je gesehen habe. Lange Zeit hielt ich sie deswegen für eine Italienerin. Die Welt ist voller Vorurteile.)
"Staubsauben?"
Die Frage höre ich jeden Donnerstag nachmittag. In etwa der Hälfte der Fälle sage ich:
"Nee, es ist sauber genug. Brauchen wir heute nicht."
In den anderen Fällen stehe ich auf, überlasse ihr mein Büro für eine Weile und mache in der Zeit ein Schwätzchen mit der Sekretärin. So wie heute.
Als ich zurückkam roch es im Raum wie immer nach Staub, nach Schweiß, nach Parfum und nach frischer Seife.
Ich machte das Fenster auf, setzte mich an meinen Schreibtisch und fing dann selbst an zu grinsen, denn ich erinnerte mich an einen Beitrag von unserem Intranet. Da schrieb vor einigen Jahren jemand am „Schwarzen Brett“:
"Biete Berberbrücke und Staubsauberzubehör"

Mittwoch, 25. Januar 2006

Die Taube

Es geschah irgendwann letztes Jahr im Universitätsklinikum Mannheim, im Wartezimmer vom Institutsdirektor Prof. Dr. Soundso.
Eine graue Taube flog von außen gegen die Fensterscheibe. Sie landete auf dem Pflaster zwischen dem Fenster und einem Bauschuttcontainer, blickte eine zeitlang etwas verwirrt drein und kam dann zu Fuß durch die geöffnete Außentür rein. Dann hob sie ab und flog weg von der Tür, den langen Korridor entlang. Dabei verfehlte sie den Kopf einer Schwester, die ihr entgegen kam, nur knapp. Die Schwester sagte "Huch" und hob abwehrend beide Arme.
Ich folgte mit dem Blick. Die Taube näherte sich dem quer verlaufenden Hauptkorridor - dabei wurde ich an die Szene mit der Möwe und der Telefonzelle aus Hitchcocks "Die Vögel" erinnert - und flog an der Ecke eine scharfe Kurve nach links. Mir wurde es schwindlig.
Dann sagte die Schwester auf einmal wieder "Huch" und die graue Taube kehrte zurück und flog erneut, diesmal jedoch von innen, gegen die gleiche Fensterscheibe. Auf dem Linoleumboden angelangt, flüchtete sie wieder einmal zu Fuß, diesmal jedoch in die Ecke zwischen dem Fenster und einer Betonsäule.
Ich stand auf und folgte ihr, die Krankenschwester kam nach. Ich konnte die Taube sehen, der Weg zu ihr war aber von einem grünen Hydrokulturkübel mit einer staubigen Pflanze versperrt.
"Da ist sie", sagte ich, "ich komme aber nicht ran. Wir müssen diesen Kübel aus der Ecke wegziehen". Dies schien aber leichter gesagt als getan, denn das Ding stand nicht auf Rollen, zu zweit schafften wir es jedenfalls nicht. Die übrigen Personen im Wartezimmer, Männer wie Frauen, stellten völlig desinteressierte Gesichter zur Schau.
"Moment mal, ich hole Hilfe" sagte die Schwester und lief weg. Sie klopfte an eine Tür etwa in der Mitte des Korridors. Ein Mann machte auf und blieb in der Tür stehen, gleich danach gesellte sich noch einer dazu. Jetzt kam auch eine Frau raus, alle drei trugen sie weiße Kittel. Sie unterhielten sich paar Minuten ziemlich lebhaft, wobei ich nur Wortfetzen wie "Taube", "Fensterscheibe", "Scheiße", Dreck" und "Möbelpacker" mitbekam. Der Mann, der die Tür aufgemacht hatte, machte zwischendurch mit dem erhobenen Zeigefinger der rechten Hand mehrere Male die Bewegung eines Scheibenwischers nach.
"Rufen Sie doch den Taubenbeauftragten des Klinikums an", rief ich laut hinterher, "der kann bestimmt helfen!"
Sie blickten in meine Richtung, die Unterhaltung verstummte. Die Schwester ging weiter, die drei verschwanden hinter der Tür. Im Wartezimmer um mich herum bedeutungsvolles Schweigen.
Etwa zehn Minuten später kam die Schwester zurück. Sie wurde von einem Mann begleitet, der eine Werkzeugkiste mitschleppte und gerade dabei war, sich gelbe Gummihandschuhe überzuziehen. Er trug außerdem einen grauen oder grünen Kittel, an die genaue Farbe kann ich mich nicht mehr erinnern.
Ich galt mittlerweile wohl als eine richtige Autorität in Sachen Tauben, denn die Schwester fragte mich, ob die Taube noch da wäre. Das bestätigte ich.
Mehr bekam ich von der ganzen Chose nicht mit, denn ausgerechnet in diesem Moment wurde ich zur Untersuchung hereingerufen.
Als ich damit fertig war und zurückkehrte, stand der Kübel nach wie vor an seinem Platz, von der Taube und von den beteiligten Personen hingegen war nichts mehr zu sehen.
Und jetzt weiß ich nicht, ob die Lösung dieses schwierigen Problems vom Tauben- oder vom Hydrokulturkübelbeauftragten des Klinikums herbeigeführt wurde.
Wie dem auch sei, der Kittel, die Werkzeugkiste und die Gummihandschuhe ließen bei mir die Hoffnung aufkommen, daß die Befreiungsaktion fachmännisch durchgeführt wurde.

Dienstag, 24. Januar 2006

Furchtlose Reiter

Die etwas andere Exotik:
furchtlose-Reiter

Montag, 23. Januar 2006

Trend

Vorgetäuschte Entführungen sollen sehr lukrativ sein, wenn man der Internet-Boulevardpresse glaubt.
Es ist nur eine Frage der Zeit, glauben Sie mir, bis wir die erste vorgetäuschte Enthauptung erleben. An der dazu notwendigen Technik soll angeblich bereits gefeilt werden…

Sonntag, 22. Januar 2006

Die große Befreiung (Der volldigitale Mensch)

Etwas exaltiert ist das schon, wenn Sie mich fragen:

"[ ] Jedesmal, wenn ein Organ - oder eine Funktion - sich von einer alten Verpflichtung befreit, erfindet es etwas Neues. Als die Pfote oder Hand durch den aufrechten Gang von der drückenden Last des Stützens oder Gehens befreit ist, verändert sie sich; sie wird zum Greiforgan und formt schließlich das Werkzeug; als Mund, Kinn oder Maul durch die aufrechte Körperhaltung von der vitalen Notwendigkeit des Zupackens befreit sind, da beginnen sie zu sprechen. Das Gedächtnis befreit sich gleich dreimal: bei der Entstehung der Schrift, durch die Entdeckung des Buchdrucks und nun durch den Computer. [ ] Zu welchen Neuerungen wird das dritte Vergessen führen? [ ]"

(Michel Serres, Die fünf Sinne, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1993)

Können Sie sich denken, lieber Leser, von welcher Last der Computer Sie befreit hat? Nein? Das dachte ich mir.


PS
Auch die Befreiung von der Arbeit und die Entwicklung des Menschen hin zu einem kommunizierenden Engel sind bereits im vollen Gange. Die Apotheose der menschlichen Geschichte hat schon begonnen:

"[ ] Die Woche, die im Neolithikum begann, ist zu Ende; jetzt ist Sonntag, die Jahre der Ruhe beginnen. [ ]"

(Michel Serres, Die Legende der Engel, Insel, Frankfurt am Main 1995)

Jetzt fange ich selbst an, zu philosophieren. Der nächste Schritt wird sein, daß sich der Mensch nach und nach von der Natur befreit, indem er in Megalopolis Zuflucht findet, den Wind nur aus der Klimaanlage kennt und den Regen nur in der Dusche. Die Befreiung von der Erde und die Kolonisierung des Alls werden wohl - angesichts der Unzulänglichkeiten unserer irdischen Hülle - nicht vor der Befreiung unseres Geistes vom eigenen Körper stattfinden können. Hier bietet die Synergie zwischen Genetik und künstlicher Intelligenz die ultimative Lösung: Die genaue Formel, also das Kochrezept für den individuellen Geist eines jeden Menschen anhand des genetischen Codes ermitteln, digitalisieren, und ab ins Cyberspace damit...

Freitag, 20. Januar 2006

Die spinnen, die Römer!

Heute morgen mühte sich bei uns im Dorf der Fahrer eines Riesen-LKW der Spedition Dingenskirchens aus Römerberg/Pfalz, auf einen Hof zu fahren.
Vorne blinkte er links, hinten rechts. Es kann nun natürlich auch sein, daß er die Warnblinkanlage eingeschaltet hat, jedoch vorne rechts und hinten links je eine kaputte Birne im Blinker hatte, so weit gingen meine Recherchen nicht, daß ich zwischen diesen Möglichkeiten unterscheiden konnte.
Leichte Zweifel an die Treffsicherheit der genannten Spedition bezüglich der ortsgetreuen Anlieferung von Waren sind aber so oder so angebracht.

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