Die Szene wiederholt sich jeden morgen: ich laufe mit meinen drei Hunden am Merkelhof vorbei, hinaus ins freie Feld.
Charlie, der hofeigene Rauhaardackel, nimmt vom Haus aus unsere Witterung auf, fängt an zu bellen und wird rausgeschmissen. Er trottet dann langsam zu uns, läßt sich von meinen Bestien beschnuppern und von mir am Kopf kraulen. Dann läuft er - je nachdem wie er Lust hat - die ganze Strecke oder nur ein Stück des Weges mit. Gestern war er gut drauf und somit bis zum Schluß mitgelaufen. Wir waren schon auf dem Rückweg, als um die Kurve ein Radfahrer mit einem jungen Labrador an der Leine auftauchte. Da er keine Anstalten machte, seine Geschwindigkeit zu mindern, machte ich ein paar Schritte zur Seite und befahl meinen Hunden zu sitzen.
"Ganz schön mutig. Hoffentlich hat er seinen Hund im Griff!" dachte ich mir.
In diesem Moment passierte es. Erst Charlie, dann Ricky und Susi schlugen an, Bonny folgte Sekunden später auch. Charlie stürzte sich auf den Drahtesel und wollte ihm ins Hinterrad beißen. Und der junge Labrador zog voller Panik zur Seite und landete zusammen mit seinem Herrchen und dem Drahtesel im angrenzenden Maisfeld.
Es entwickelte sich eine, vom lauten Hundegebell begleitete, freundschaftliche Unterhaltung.
"Warum nehmen Sie Ihren verdammten Köter nicht an die Leine?"
Ich versicherte ihm, daß ich meine verdammten Köter an der Leine führe, und daß Charlie nicht zu uns gehört.
"Sie tragen doch die Verantwortung für ihn, wenn er mitläuft!"
Ich teilte ihm mit, daß mein Haftpflichtversicherer in diesem Punkt entschieden anderer Meinung ist.
"Jedenfalls haben Sie mit Ihren Hunden ein Problem! Sie haben angefangen zu bellen!"
Ich gab zu, daß ich mit meinen Hunden ein Problem habe, weil sie zusammen mehr als ich wiegen und in Augenblicken wie diesen etwas völlig anderes wollen als ich. Ich ließ ihn wissen, daß ich die Hunde schätzungsweise noch eine Minute halten kann, und daß nach dieser einen Minute mein Problem durchaus zu seinem werden könnte.
Er rappelte sich murrend auf, brachte sein Fahrrad hoch, betrachtete es eingehend und klopfte seine Hose sauber. Bis auf das Selbstvertrauen des jungen Labradors schien alles unbeschädigt zu sein. Sie verschwanden.
Ich brachte Charlie nach Hause. Sein Frauchen wartete auf ihn in der Tür. Charlie lief auf sie zu und humpelte dabei schrecklich: das macht er nämlich immer, wenn er Aufmerksamkeit erheischen möchte.