Samstag, 17. Dezember 2005

Trostlosigkeit

Ich habe in einem Pflegeheim für "Senioren" jemanden besucht.
Als wäre das Ganze nicht so schon schlimm genug, hängt im Flur ein Abreißkalender mit einem Spruch von Rousseau:
"Es gibt nichts liebenswürdigeres als die Tugend"
Ich persönlich hasse tugendhafte Menschen, und so weit ich das beurteilen kann, dieses meine Gefühl wird auch von den meisten Mitmenschen geteilt. Man darf also eher behaupten, daß es nichts anderes auf dieser Welt gibt, das für jemanden, der geliebt werden möchte, kontraproduktiver sein kann, als tugendhaftes Verhalten.
Merke: Willst Du geliebt werden, so verstecke deine Tugenden gut und lege Dir ein paar liebenswürdige Schwächen zu. Die Mitmenschen werden Dich als einen von ihnen erkennen und lieben.*
Ich habe noch Stunden nach diesem Besuch nachgedacht, wie die pflegebedürftigen "Senioren", deren Tugenden schon lange vom Sediment des Gebrechens unwiederbringlich erstickt wurden, wohl zu diesem Thema stehen. Ob die überhaupt noch etwas liebenswürdig finden können. Ich hoffe, ich werde es nie erfahren.
Darauf habe ich mir einen strammen Whisky genehmigt.


*So was hätte man zu Rousseaus Zeit schreiben können. Wirkt heute völlig antiquiert.

Freitag, 16. Dezember 2005

Unverständlich

So langsam fängt man an, sich die Frage zu stellen, was für ein Unglück nach der Globalisierung noch auf die Menschheit zukommen könnte.
Mein Hinweis, daß das wohl die Postglobalisierung sein werde, wird leider nicht ernst genommen.
"Klugschwätzer! Das ist doch klar, oder?"
Wenn das so klar ist, frage ich Sie, warum unternimmt keiner etwas dagegen?

Indavan

Ich bin neulich durch Zufall auf die Seite eines Bloggers geraten – wir wollen ihn hier indavan nennen - der in seinem letzten Eintrag der Welt voller Sorge mitteilte, er habe ein paar Freunde zur Sylvesterparty eingeladen und fürchte nun, sie werden nicht kommen. Das klang so, als glaube er, daß die Freunde deswegen nicht kommen werden, weil er sie eingeladen hat. (Der Leser wird gebeten, diese Aussage in mehr Worte zu fassen und auch mit einigen Schreibfehlern zu schmücken, zum Zitieren kann ich die Stelle ums Verrecken nicht wiederfinden.)
In einem Anfall von Sentimentalität war ich versucht, ihm zu antworten. So in etwa:
Lieber indavan, Deine Freunde werden nicht kommen, weil Du sie brauchst und sie dies spüren. Lass niemanden wissen, daß du ihn brauchst. Niemals. (Der Leser wird auch hier gebeten, diesen Kommentar etwas ausführlicher zu gestalten, jedoch mit weniger Schreibfehlern. An den genauen Wortlaut kann ich mich nicht mehr erinnern.)
Ich habe nicht geantwortet, und jetzt finde ich die Stelle nicht mehr. Aber was soll’s. Seine Freunde werden nicht kommen, na ja und? Zum Teufel mit der Freundschaft. Zum Teufel mit der Sentimentalität.

Donnerstag, 15. Dezember 2005

Neues von Bob Dylan

Der Musiker, der gelegentlich völlig zu Unrecht "Der Sänger ohne Stimme" genannt wird (diese Ehre gebührt eindeutig Eric Clapton), versucht sich nun als Radiomoderator mit einer eigenen Musiksendung.
Man wird ihn, wie immer, nicht verstehen.

Schlamperei

Wenn ich mich nicht verhört habe, dann fehlen der Bundeswehr bei der aktuellen Inventur 70 000 Munitionskisten. Strenggenommen fehlt nur der Inhalt davon, die Kisten sollen ja da sein.
Aus eigener Erfahrung (habe eine solche Kiste vom Großvater geerbt) kann ich nur sagen, daß sich leere Munitionskisten sehr gut für die Aufbewahrung von Werkzeug eignen.
Merke: Eine leere Munitionskiste ist eine gute Munitionskiste
Dazu muß man allerdings den Inhalt auf humane Weise entsorgen. Abfackeln in der Sylvesternacht (am besten zusammen mit dem Munitionsdepot) wäre hier allemal besser, als das Zeug klauen zu lassen.
Es ist in diesem Zusammenhang bloß eine Frage der Zeit, bis die ersten Rufe nach einer Privatisierung der Bundeswehr nach den Beispielen der Deutschen Post (bereits erledigt) und Justiz (in Bearbeitung, wir berichteten an dieser Stelle) verlauten werden.
Gäbe es dann weniger Schlamperei? Blöde Frage, im Gegenteil. Wie auch immer, eine privatisierte Bundeswehr käme wenigstens auf den Gedanken, die leeren Kisten an Hobbybastler zu verkaufen. Ich hätte gern noch ein paar davon.

Mittwoch, 14. Dezember 2005

Starkes Stück

Heute morgen hörte ich im Radio SWR1 RP (so weit geht mein Lokalpatriotismus nicht, daß ich mir Radio Regenbogen antue), daß der iranische Präsident Ahmanidedschad(!) seine antiisraelischen Äußerungen bekräftigt hat. Das habe ich wirklich gehört, der Sprecher hat den Namen sogar drei mal wiederholt.
Das ist ungeheuerlich. Irgendwann verhaspelt sich noch einer und nennt ihn Ahmadinnedschihad. Solche Versprecher, die die internationalen Gepflogenheiten aufs Gröbste verletzen, könnten die deutsch-iranischen Beziehungen ganz schön belasten.

Dienstag, 13. Dezember 2005

Lebenshilfe für Versager

Auch Versager können große Leistungen erbringen. Dafür müssen sie sich lediglich das Gegenteil von dem, was man gemeinhin als große Leistung ansieht, vornehmen, und in ihrem Versagen konsequent bleiben. Vorsicht: Halbherziges Versagen kann zum Scheitern führen!

Hypergalaktische Perspektiven

Ted Murphy, Chef des US-Unternehmens MindComet, bietet privaten Bloggern (zunächst kostenlos) die Möglichkeit an, den Inhalt von Weblogs per Richtantenne ins All zu senden.
Schluß mit den negativen Meldungen, die unsere Medien tagtäglich ausstrahlen, wir wollen den Aliens damit ein unverfälschtes Zeugnis menschlichen Lebens schicken, sonst halten sie uns womöglich bloß für Mörder und Barbaren:

“The media is saturated with images of war and anger. We have been transmitting these images into space for years,” said Murphy. “This program gives us the opportunity to show our race in a different light.”

Außerdem mahnt er an, den Aliens gegenüber "political correctness" zu üben:

“We strongly urge our users to refrain from language or content designed to provoke our alien neighbors. We hope that our bloggers understand the importance of keeping our message positive.”

Schade. Ich kann zwar mit einem gesitteten Inhalt dienen, denn ich habe nämlich das Wort Scheiße, von schlimmerem ganz zu schweigen, äußerst selten verwendet, im großen und ganzen sieht es aber bei mir eher mau aus. Meine Weltsicht ist viel zu pessimistisch. Zu allem Überfluß habe ich unklugerweise meine Skepsis bezüglich außerirdischen Lebens nicht nur einmal kundgetan. Gibt es für die Aliens eine größere Provokation, als ihre Existenz in Frage zu stellen? Ohne diesen Passus hätte ich mein Weblog anmelden können.
Wirklich schade.
Überlegen Sie mal: Heute wird mein Weblog bloß von rund 6,5 Milliarden Menschen ignoriert. Wenn ich die unzähligen potentiellen Zivilisationen im All zusammenrechne (pro Galaxie schlappe 50 höhere Zivilisationen und allein 100 Milliarden Galaxien, die man bis heute gesehen hat), dann warten da draußen potentiell unzählige Abermilliarden von intelligenten Lebewesen darauf, meine Geistesblitze zu ignorieren!
Ich hoffe nur, daß die Aliens nicht selbst auf diesen Gedanken kommen und ihre Sachen selbst ins All funken, sonst kriegen wir einen abermilliardenfach größeren Datensalat als im Internet. Da fällt einem sogar das Ignorieren schwer.
Zum Glück ist es aber kaum anzunehmen, daß außer uns noch eine andere Zivilisation das eigene Image ähnlich gründlich beschädigt und entsprechende Reparaturmaßnahmen braucht. Denn die Bilder in unseren Medien, die sind ja wirklich schrecklich.

Montag, 12. Dezember 2005

Es kann den Deutschen gar nicht so schlecht gehen...

Heute morgen kurvte in meinem Wohnort ein Autotransporter schwerfällig durch den Kreisverkehr. Er hatte 10 (in Worten zehn) nagelneue Porsche Carrera drauf. Heute abend am gleichen Ort mühte sich ein anderer Autotransporter mit 10 (in Worten zehn) nagelneuen Mercedes SLK Dingenskirchens um die Kurve.
Außerdem fand ich gerade in den unendlichen Weiten des deutschsprachigen Internets die ungemein hübsche Sprachschöpfung „Verschlagwortung“.
So viel Reichtum, wohin man auch guckt.

Sonntag, 11. Dezember 2005

O tempora, o mores!

War heute wie sonntags üblich mit den Hunden im freien Feld. Nachdem die Kleinen Ricky und Susi ein Pferd zu Tode erschreckt haben (das arme Tier hat sogar vor lauter Nervosität geblinzelt), habe ich sie zur Sicherheit wieder an die Leine genommen. Dies geschah keine Minute zu früh, da hinter einem großen Holzstapel plötzlich ein Paar mit einem kleinen Hund auftauchte. Der war aber wirklich klein und ulkig, dieser Hund, nicht größer als eine Katze, mit kurzem, weißem Fell, hervorstehenden, traurigen Augen, Fledermausohren und einem Rattenschwanz ausgestattet. Die Kleinen wollten natürlich mit ihm spielen, derweil sich Bonny ziemlich indifferent gab, da sie so was kleines offensichtlich nicht für eine Gefahr hielt. Mit Mühe hielt ich der Kraft von mittlerweile 35 KH (KiloHund) der Kleinen stand, die wie verrückt zogen. Ich erfuhr, daß er (der kleine weiße Hund) ein künstliches Hüftgelenk habe und deswegen nicht mit anderen Hunden spielen dürfe, weil das u.U. kaputtgehen könnte. Ich zerrte meine Bestien weg, wünschte guten Tag und lief weiter.
"An dem könnte viel mehr kaputtgehen, wenn meine Kleinen mit ihm spielen würden" dachte ich. Was bringt den Menschen nur dazu, solch hilflose, kaum lebensfähige Hunderassen zu züchten?
Mit derartigen Gedanken beschäftigt, kam ich wieder ins Dorf zurück. Auf der anderen Straßenseite liefen mir drei Mädchen entgegen, geschätzt so zwischen 13 und 16, genauer kann man das heutzutage so wie so nicht raten.
"Hübsche Hunde" sagte das Erste. "Mhm" sagte das Zweite. Das Dritte sagte gar nichts, spuckte nur aus.
Ich habe noch nie ein Mädchen gesehen, das ausspuckt. Nie. Vielleicht war es aber "nur" Kaugummi, ein Zitronenkern oder ein ausgeschlagener Zahn, ich hatte wenig Lust, es nachzuprüfen. Es sah jedenfalls richtig gekonnt aus.

Samstag, 10. Dezember 2005

Sport und Ästhetik

Bei dem ganzen Rummel um die Auslosung zur Fußball-WM 2006 (nein, ich habe die Sendung gestern abend nicht angeguckt) habe ich mich an folgende Begebenheit erinnert.
Vor etlichen Jahren, als ich noch fernzusehen pflegte, habe ich einen Alptraum gehabt, als ich mitten in einer Sportsendung eingedöst war: Kai Ebel und Nicky Lauda interviewten gemeinsam den Fußballtorwart Oliver Kahn. Michael Schumacher grinste wortlos auf der riesigen Leinwand im Hintergrund. Gelegentlich hielt er inne und versuchte aufs neue, seinen Unterkiefer einzurenken. Regie führten zusammen Lothar Matthäus und Mario Basler, Leitung der Sendung hatte Boris Becker. Die drei waren selbst nicht zu sehen, sondern lediglich durch ihre lauten, von starkem Widerhall verzerrten Kommentare und Anweisungen zu vernehmen. Musikalisch wurde die Sendung noch durch das Duettgestöhne von Venus Williams und Monica Seles untermalt.
Zum Schluß dachte ich absurderweise: "Das Einzige, was noch fehlt, ist ein Schlußwort von Marcel Reich-Ranicki", da rückte er schon mit Berti Vogts an der Leine ins Bild. Hier wachte ich - verständlicherweise - schweißgebadet auf.
Was das mit der besagten Auslosung zu tun haben könnte, deren TV-Übertragung ich nicht einmal gesehen habe, ist mir jedoch schleierhaft. Ältere Herrschaften wie ich haben manchmal schwer nachvollziehbare Gedankensprünge.

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