Das Fernsehen hat es schwer. Mit Katastrophenbilder allein kann man heute keinen Blumentopf mehr gewinnen, erst recht nicht, wenn das unspektakuläre Erdbeben in abgelegenen Dörfern oder Chemieunfälle mit farblosen Flüssigkeiten sind. Der 11. September, der jüngste Tsunami, ja, das waren schöne Bilder, da konnte man schon von einer
Ästhetik des Schreckens reden. Aber auch solche Ereignisse haben einen Haken: sie sind nicht vorhersehbar und finden häufig zu Unzeiten statt, manchmal sogar mitten in der Nacht. Überlegen Sie mal, was passiert wäre, wenn die Terroristen ihren Anschlag vom 11.9. rechtzeitig angekündigt hätten: CNN hätte Zeit gehabt, so viele Kameras aufzustellen, wie ARD das bei einem Fußballspiel mit Beteiligung der deutschen Mannschaft tut, und wir hätten uns freigenommen und das Ereignis live verfolgen können. Oder beim Tsunami: Wäre eine live Übertragung mit Unterwasserkameras, bei welcher ein paar Kameramänner selbst draufgehen und die Kameras trotzdem weitersenden, nicht das ultimative Spektakel schlechthin gewesen?
Das Fernsehen versucht es nach Kräften, diese mangelhafte Vorhersehbarkeit zu kompensieren, in dem es immer live dabei ist, wenn eine Katastrophe möglich erscheint, so z. B. bei der
einen oder
anderen Notlandung eines Flugzeugs. Das Problem ist nur, daß es für die Fluggesellschaften im Moment - trotz astronomischer Fernsehübertragungsrechte - offensichtlich immer noch rentabler ist, ihre Maschinen zu retten und den Schadenersatzforderungen der Angehörigen zu entgehen. So lange sich an dieser Situation nichts grundlegendes ändert, wird eine realitätsnahe und kundengerechte live Berichterstattung allein dem Zufall überlassen. Diese Misere wird von einer frischen Meldung, die ich heute im Radio hörte, eindrucksvoll verdeutlicht: In Chicago ist ein Flieger im dichten Schneetreiben auf die Autobahn gekommen und hat ein paar Autos plattgemacht. Vom Fernsehen aber keine Spur.
Heute jährt sich sein Tod zum 25sten mal.
Nein, er war nicht der Größte, er war jedoch Teil des kollektiven Genies, das wir Beatles nennen.
Ich werde heute abend Abbey Road hören.
Der Unternehmensberater sagte gleich zu Anfang unseres Gespräches:
"Der erste Rat, den ich jeder Führungskraft gebe, ist, mehr Vertrauen zu den eigenen Experten zu haben. In der Regel nimmt man mir das übel, und auf diese Weise kann ich die Anzahl meiner Aufträge einigermaßen im Zaum halten. Leider funktioniert das nicht immer, sonst hätte ich mich längst zu Ruhe gesetzt." Er grinste.
"Mal sehen, was sich machen läßt." Ich grinste zurück. "Stellen Sie erstmal Ihr Konzept vor." Dabei war ich jetzt schon fest entschlossen, dafür zu sorgen, daß er den Auftrag bekommt. Überheblichkeit und Inkonsequenz müssen schließlich bestraft werden.
Was fehlt im verwüsteten Stadtgebiet von New Orleans am meisten? Lebensmittel? Häuser? Sichere Deiche?
Wohl kaum: Wireless Lan für alle. Beim Lesen
dieser Nachricht mußte ich unwillkürlich an eine meiner erschreckend vielen falschen Prophezeiungen denken.
Als das Informationszeitalter begann, drohte die ohnehin große Kluft zwischen den hochentwickelten Ländern und der Dritten Welt noch größer zu werden.
Dann passierte aber etwas unerwartetes.
Der menschliche Spieltrieb gewann die Oberhand. Mit der Erfindung von PC und Internet wurde eine dermaßen wirksame Fortschrittsbremse geschaffen, daß ich anfing, an eine Selbstregulation zu glauben. Weil, so sagte ich mir damals in meiner Naivität, die Dritte Welt wird diesen Weg bestimmt nicht gehen, denn an Informationshunger ist noch keiner gestorben.
Lacht nur, lacht nur.
Heute
las ich voller Erwartungen den Titel: „Privates Management hinter Gittern“ und dachte, endlich ein Fall von Gerechtigkeit auf dieser Welt, denn diese Halunken, ob privat oder nicht, gehören definitiv hinter Gitter. Alle. Na ja, fast alle.
Der Artikel enttäuschte mich dann, weil es sich dabei lediglich um halbprivate Haftanstalten handelt. (Halbprivat wohl deswegen, weil die Wärter und insbesondere die Insassen nach wie vor vom Staat bereitgestellt werden.)
Der allgemeine Trend zum Out-sourcing ist wohl nicht zu stoppen. Interessanter Gedanke: Eine vollständige Privatisierung der Justiz.
Ich war nicht ich, ich war ein Anderer. Ziemlich beschissene Situation, kann ich nur sagen. Ich war drauf und dran, vor lauter Sorge aufzuwachen.
Die Stimme sagte zu mir:
"Du mußt als erstes herausfinden, wer Du bist. Dann such den Typen auf und schließe Freundschaft mit ihm."
Das klang absolut logisch.
Daraufhin schlief ich beruhigt weiter und träumte was anderes. Ich kann mich aber nicht mehr erinnern, was.
“Sind wir jetzt mit dem Portfolio durch?“ fragte der Divisionsleiter leicht gereizt. (Eigentlich wurde diese Frage in seinem gebrochenen Deutsch mit starkem schweizerischen Akzent gestellt, wobei ich jedoch eine allzu getreue Schilderung für entbehrlich halte. Der Leser wird gebeten, sich dies selbst vorzustellen. Als kleine Hilfeleistung meinerseits vielleicht noch der Hinweis, daß sein Englisch um einiges schlimmer ist, jedoch ulkigerweise mit starkem italienischen Akzent vorgetragen wird. Und Gerüchten zufolge spricht er Spanisch mit ausgeprägtem französischen Akzent. Seine Fähigkeiten in anderen Weltsprachen sind mir nicht bekannt.)
Ja, wir waren durch. Fertig. In den vergangenen sechs Stunden hatte ich von ihm eine derartige Fülle von mehr oder weniger versteckten Vorwürfen und abfälligen Bemerkungen über unsere Leistung gehört, wie schon lange nicht mehr. Dies kulminierte mit der rhetorischen Frage: „Soll ich mich selbst ins Labor begeben und euch zeigen, daß es schneller und besser geht?“ Die Tatsache, daß er auf Deutsch nicht sehr differenziert formulieren konnte, machte er durch ausdrucksvolle Mimik und Gestik mehr als nur wett. Italiener, halt.
Jürgen, der arme Forschungsleiter, stand auf und blickte fragend in die Runde. „Ja, ich nehme an, wir sind fertig. Wir haben alles gezeigt, was wir in der Pipeline haben. Ich meine, wir brauchen uns gar nicht zu verstecken... drei neue Produkte in einem Jahr... und die Technologieprojekte...“
Der Divisionsleiter stand selbst auf, marschierte zum Podium und drückte im Vorbeigehen dem Forschungsleiter einen silbernen USB-Stick in die Hand. Und während er das alles tat, verkündete er:
„Wirklich? Es ist unbestritten, daß sich die Entwicklung in unserer Division in einem erbärmlichen Zustand befindet. Ich werde euch auch sagen, warum. Drei Gründe. Führungsstil, Überbewertung der Technik und Mangel an Visionen.“
„Wer Visionen hat, sollte zum Augenarzt gehen“ murmelte mein Kollege Fritz aus der Reihe hinter mir.
Ich drehte mich um. „Das ist aber eher ein Fall für den Psychiater, glaube ich.“
„Zum Führungsstil. Zu weich. Du stehst auf, Jürgen, bleibst aber an deinem Platz zwischen deinen Leuten stehen. Du bist einer von ihnen, ihr seid Kumpel. Wo bleibt deine Autorität? Guck mich an. Ich stehe auf und stelle mich vor euch. Ich habe Autorität, weil ich sie mir nehme. Und wenn einer meine Autorität nicht anerkennt, dem muß ich zeigen, wo der Hammer hängt. Die Überbewertung der Technik habe ich vorhin bei eurer Projektpräsentation schon erwähnt. Glaubt ihr im Ernst, der Kunde ist allein an eurer verdammten Funktion interessiert? Der Kunde will ein Juwel kaufen, das funkelt. Und was habt ihr anzubieten? Nackte Funktion. Kein Pep, nichts. Das führt mich zum Thema Visionen. Ihr laßt euch allein vom Machbaren verleiten. Kein Dreamspace, kein Out-of-the-box-thinking. Mach mal die Datei technology.ppt auf, Jürgen. Danke. Wißt ihr, was das ist?“
Auf der Leinwand war ein Kreis zu sehen, der in schätzungsweise 20 Segmenten unterteilt war, die sich durch Farbe oder Muster unterschieden. Jeder Radius war längs beschriftet, wobei man die Schrift aus meiner Entfernung gar nicht lesen konnte. Drum herum jede Menge Text, den man genausowenig lesen konnte. Trotzdem: Eindeutig zu erkennen als die „Spiderweb“ genannte Darstellungsform für Produkteigenschaften oder Kundenanforderungen. Eingescannt aus irgendeinem Managementbuch. Ein alter Hut.
„Ein alter Hut?“ schlug ich vor. Das steckte er weg wie nichts. Seine feurigen schwarzen Augen funkelten mich belustigt an.
„Alt, ja, aber kein Hut. Nichtsdestoweniger aktuell. Jetzt zu meiner Vision. Nächste Folie, bitte!“
Hier war der Kreis größer, die Anzahl der Segmente geringer, die Schrift gut lesbar. Da standen u.a. drauf Korrosionsfestigkeit, Gewicht, Herstellkosten, Umweltfreundlichkeit, Anzahl Bedienungsschritte u.s.w.
Und vor allem war der Folientitel gut lesbar, er sprang ja geradezu ins Auge.
Seine Vision hieß: „DIE VOLLDIGITALE SCHRAUBE“
"Das Wort 'Konfession' nehme ich nicht mehr in den Mund" verriet mir mal eine gute Bekannte, die in einem Krankenhaus am Empfang tätig ist. "Die Leute fragen fast immer zurück, ob ich damit die Kleidergröße meine. Sie denken wohl, daß ich gleich Maß für eine Sargbestellung nehmen will."
"Konfussion. Was heißt denn das?" fragt der Mitarbeiter einer Personalverleihagentur, der gerade ein Formular auszufüllen versucht, seinen neuen (provisorischen) Chef. Genauer gesagt: Mich, heute.
"Hä?"
"Hier, sehen Sie doch!" Da stand ganz deutlich geschrieben "Konfession" drin.
"Ach, das. Das bedeutet, in welchem Glauben Sie getauft worden sind." (Dabei überlegte ich, ob das nicht doch "nach welchem Glauben Sie getauft worden sind" heißen sollte. Mein Deutsch hat gelegentlich erstaunliche Lücken.)
"Warum sagt man dann nicht gleich Religion? Oder noch einfacher: Evangelisch oder katholisch?"
In der Tat, habe ich mir gedacht, die Frage ist berechtigt. Wie einfach das Leben doch sein könnte, ohne die vielen Konfussionen, die es auf dieser Welt so gibt.
Es gibt einen ebenso zwingenden wie auch ethisch einwandfreien Grund, warum das Gute im Kampf gegen das Böse immer gewinnt. Wer sonst könnte sich des unglücklichen Verlierers annehmen?
Gewinnen Sie! Die Verlierer werden es Ihnen danken.
RWE soll in Zusammenarbeit mit der Universität Duisburg, Fachbereiche Materialforschung und Rechtswissenschaften, eine neue Meßgröße für die Straffestigkeit ihrer Hochspannungsmasten eingeführt haben: KjK (Kilojahre Knast). Die Finanzexperten des Unternehmens haben ermittelt, daß sich eine Sanierung erst ab einem Wert von 1,00 KjK pro Mast lohnt.
Das sei gelogen, sagen Sie? Na ja, nicht
ganz.
Die Weltgemeinschaft ist so sehr bemüht, zu verhindern, daß Staaten wie Iran oder Nordkorea die Atombombe bauen.
Dabei sollten wir lieber verhindern, daß sich die Chinesen unserem Lebensstandard nähern. Heute kaufen sie unser Öl weg, morgen unseren Stahl und übermorgen vielleicht sogar unser Bier und unsre Fußballbundesliga.
Es gibt Fälle, da kann man nur gewinnen. Die fallen einem jedoch nicht in den Schoß, da muß man schon etwas dafür tun. Das Mindeste ist, daß man die richtige Lebenseinstellung hat.
Hier zwei weltberühmte Beispiele.
Die Deutschen und die Formel 1: sie schicken vier Fahrer und drei Motoren ins Rennen. Entweder ein deutscher Fahrer gewinnt mit einem ausländischen Auto, oder ein deutscher Motor (der Rest ist unwichtig) gewinnt trotz ausländischen Fahrers. Man ist auf jeden Fall als Gewinner dabei. (Man denke nur, was Schumi mit einem deutschen Motor alles anstellen könnte! Das ist aber eine andere Geschichte.)
Betrachten Sie bitte jetzt mich und mein Deutsch.
Werde ich dafür gelobt, so sage ich bescheiden:
"Das ist kein Wunder. Wie Sie an meinem Namen unschwer erkennen können, bin ich kein Deutscher. Ich habe mein Deutsch nicht einfach als Kind nach Gefühl gelernt, sondern im Alter von 27 Jahren nach allen Regeln der Kunst. Damit ist eine überdurchschnittliche Beherrschung der deutschen Sprache sichergestellt."
Wenn ich mit irgendwelchen dummen Fehlern erwischt werde, dann sage ich:
"Das ist kein Wunder. Ich bin schließlich in einem anderen Kulturkreis aufgewachsen."
Und schon ist die Welt wieder im Lot.
Dies stellt natürlich eine für Normalsterbliche unerreichbare Kunst dar. Amateuren empfehle ich, klein anzufangen. Das Einfachste ist, bei irgendeinem Kräftemessen (z.B. das Anbaggern der neuen Kollegin) eine Wette gegen sich selbst abzuschließen. Entweder man gewinnt das Spiel, oder man gewinnt die Wette.
Bei uns in der Firma klopfte es gestern an meiner Bürotür.
"Ja" sage ich.
Nichts.
"Ja!" brülle ich.
Wieder nichts.
Ich reiße die Tür auf.
Zwei Männer stehen im Türrahmen und unterhalten sich ruhig. Der Jüngere sieht aus wie ein erfolgreicher Jungmanager. Der Ältere, der mit seinem grauen Kittel wie ein erfolgreicher Hausmeister aussieht, schreibt gerade etwas in einem kleinen Notizbuch.
"Lassen Sie sich nicht stören. Das war Probeklopfen, wir wollten nur rausfinden, ob das eine feuerhemmende Tür ist oder nicht" sagt der erfolgreiche Jungmanager zu mir. "Wir sind vom Facility Management."
Das klang, wenn schon etwas überraschend, ziemlich logisch, also habe ich wortlos die Tür zugemacht und mich in meinen Bürosessel fallen lassen. Dann habe ich, hm... erfolgreicher Altmanager, eine gute halbe Stunde lang von den Zeiten geträumt, in denen der Hausmeister noch Hausmeister hieß und die Sekretärin sich jedem in den Weg warf, der ohne Anmeldung an meiner Tür klopfen wollte.
Die meisten Frauen stehen auf Männer. Dieses Zeugnis schlechten Geschmacks sollte uns Männern zu denken geben...
Man hört so viel schlechtes über Politik und Politiker. Ich hingegen traue den Politikern durchaus zu, daß sie die Fähigkeit besitzen, unsere Geschicke richtig zu lenken.
Dazu müßten wir lediglich dem klapprigen Vehikel unserer Gesellschaft die Räder abmontieren, es aufbocken und als Gartenlaube nutzen. Und natürlich - fast hätte ich das vergessen! - ein Navigationssystem einbauen.
Können Sie sich noch erinnern, wie schön langsam die PCs vor zehn Jahren waren?
Damals hat man beim Öffnen einer größeren Datei die Eieruhr minutenlang bewundern können. (Alternativ konnte man während dieser Zeit auch ein gepflegtes Schwätzchen mit den Kollegen veranstalten, seinen Anlagenberater anrufen oder sonstwas tun.)
Heute geht das natürlich viel besser, denn die Zunahme der durchschnittlichen Dateigröße hat den Zuwachs an Rechengeschwindigkeit im gleichen Zeitraum um einen Faktor von mindestens 10 übertroffen. (Der Umfang von Programmdateien soll sogar um einen Faktor von 100 höher liegen.)
Es ist also überhaupt kein Problem, auch die schnellste Kiste zu zähmen.
Noch besser geht das in einem Netz. Bei geeigneter Auswahl der PC- und Serversoftware (z.B. Windoof XXL ultraprofessional, transgalaktische Version) und gleichzeitiger Degradierung des PCs zu einem Terminal, indem man alles Wichtige zentral speichert und es zu diesem Zweck via "Datenautobahn" um die halbe Welt schickt, ist mein heutiger Dienstrechner mit seinen 2,7 GHz genauso lahm wie ein alter 286er mit 8 MB Arbeitsspeicher.
Welch ein Segen! Sobald er eine von seinen vielen automatischen Funktionen wie netinstall, vulnerability check oder synchronisation startet, kann ich in aller Ruhe einen Tee trinken gehen.
Die Eieruhr ist Kult geworden, ich habe sie schon als Screensaver gesehen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie auf T-Shirts, als Handylogo oder gar als Klingelton auftaucht.