Was darf die Satire (3): Wo der intellektuelle Hammer hängt
Als Satire kann ich den offenen Brief von Harald Staun an Natascha Kampusch nicht durchgehen lassen.
Mag sein, daß er auch die Medien im Visier seines Sarkasmus hat, wobei in diesem Fall das äußerst diffus und inkonsequent vorgetragen wird. (Braucht man in dieser Beziehung über die "Realsatire" vom Bildblog hinaus noch eine Steigerung? Dann muß man viel früher aufstehen, als Harald Staun es getan hat, seine Gedanken ordnen, und einen originellen und in sich konsistenten Beitrag schreiben.)
Der offene Brief greift aber unzweifelhaft auch Natascha Kampusch an, die genauso unzweifelhaft vor 8 Jahren entführt wurde und mit ziemlicher Sicherheit eine aufs Schwerste traumatisierte Person ist.
Die mächtig überlegenen Medien, würdig vertreten von Harald Staun, machen sich lustig über ein ohnehin vom Schicksal gezeichnetes, schwaches, knapp 18jähriges, einseitig gebildetes Mädchen. Alle Achtung.
Der grenzenlose Zynismus dieser Einstellung wird in einem der wenigen zustimmenden (oder etwa doch nicht?) Kommentare zum Artikel von Harald Staun klar. Da schreibt ein gewisser Marc Neef folgendes:
"Harald Staun schlägt zurück... ...und bietet Frau Kampusch tapfer die Stirn. Hut ab vor so viel Eloquenz und Mut! Das mag nun etwas sarkastisch klingen, aber ich finde es toll wenn unsere journalistische Elite diesen selbsternannten Entführungsopfern mal zeigt, wo der intellektuelle Hammer hängt."
Ernst? Ironie? Ein Kommentar erübrigt sich in beiden Fällen.
Der Leser ist bestimmt aufs Äußerste gespannt, was ich überhaupt der Satire zugestehe, wo ich diese Frage schon mal, hier und auch hier, aufgeworfen und nicht beantwortet habe.
Ja, was darf sie nun, die Satire?
Der Altmeister Tucholsky wird immer wieder mit seinen Worten : "Was darf Satire? Alles."* in den Zeugenstand gerufen, der kann sich ja nicht mehr wehren. Damit wird unterstellt, daß man sich jede Gemeinheit unter dem Deckmantel der Satire erlauben kann. Satire darf alles. Alles darf Satire. Alles ist Satire. Unsinn. War es nicht der gleiche Tucholsky, der im gleichen Aufsatz gesagt hat: "Der Satiriker ist ein gekränkter Idealist."?
Jawohl, Satire darf alles, solange es Satire bleibt. Es gibt keine Satire des Stärkeren, genauso wie es keine Satire von Rechts gibt. Satire ist dem Schwächeren als kleiner Ausgleich für die großen Ungerechtigkeiten des Lebens vorbehalten. Ales andere ist Schund.
*Die Satire muss übertreiben und ist ihrem tiefsten Wesen nach ungerecht. Sie bläst die Wahrheit auf, damit sie deutlicher wird, und sie kann gar nicht anders arbeiten als nach dem Bibelwort: Es leiden die Gerechten mit den Ungerechten. […] Was darf die Satire? Alles." - "Was darf die Satire?", in: "Berliner Tageblatt", Nr. 36, 27. Januar 1919
Mag sein, daß er auch die Medien im Visier seines Sarkasmus hat, wobei in diesem Fall das äußerst diffus und inkonsequent vorgetragen wird. (Braucht man in dieser Beziehung über die "Realsatire" vom Bildblog hinaus noch eine Steigerung? Dann muß man viel früher aufstehen, als Harald Staun es getan hat, seine Gedanken ordnen, und einen originellen und in sich konsistenten Beitrag schreiben.)
Der offene Brief greift aber unzweifelhaft auch Natascha Kampusch an, die genauso unzweifelhaft vor 8 Jahren entführt wurde und mit ziemlicher Sicherheit eine aufs Schwerste traumatisierte Person ist.
Die mächtig überlegenen Medien, würdig vertreten von Harald Staun, machen sich lustig über ein ohnehin vom Schicksal gezeichnetes, schwaches, knapp 18jähriges, einseitig gebildetes Mädchen. Alle Achtung.
Der grenzenlose Zynismus dieser Einstellung wird in einem der wenigen zustimmenden (oder etwa doch nicht?) Kommentare zum Artikel von Harald Staun klar. Da schreibt ein gewisser Marc Neef folgendes:
"Harald Staun schlägt zurück... ...und bietet Frau Kampusch tapfer die Stirn. Hut ab vor so viel Eloquenz und Mut! Das mag nun etwas sarkastisch klingen, aber ich finde es toll wenn unsere journalistische Elite diesen selbsternannten Entführungsopfern mal zeigt, wo der intellektuelle Hammer hängt."
Ernst? Ironie? Ein Kommentar erübrigt sich in beiden Fällen.
Der Leser ist bestimmt aufs Äußerste gespannt, was ich überhaupt der Satire zugestehe, wo ich diese Frage schon mal, hier und auch hier, aufgeworfen und nicht beantwortet habe.
Ja, was darf sie nun, die Satire?
Der Altmeister Tucholsky wird immer wieder mit seinen Worten : "Was darf Satire? Alles."* in den Zeugenstand gerufen, der kann sich ja nicht mehr wehren. Damit wird unterstellt, daß man sich jede Gemeinheit unter dem Deckmantel der Satire erlauben kann. Satire darf alles. Alles darf Satire. Alles ist Satire. Unsinn. War es nicht der gleiche Tucholsky, der im gleichen Aufsatz gesagt hat: "Der Satiriker ist ein gekränkter Idealist."?
Jawohl, Satire darf alles, solange es Satire bleibt. Es gibt keine Satire des Stärkeren, genauso wie es keine Satire von Rechts gibt. Satire ist dem Schwächeren als kleiner Ausgleich für die großen Ungerechtigkeiten des Lebens vorbehalten. Ales andere ist Schund.
*Die Satire muss übertreiben und ist ihrem tiefsten Wesen nach ungerecht. Sie bläst die Wahrheit auf, damit sie deutlicher wird, und sie kann gar nicht anders arbeiten als nach dem Bibelwort: Es leiden die Gerechten mit den Ungerechten. […] Was darf die Satire? Alles." - "Was darf die Satire?", in: "Berliner Tageblatt", Nr. 36, 27. Januar 1919
fely - 5. Sep, 12:37
Was mich betrifft, ein kranker Mann hat ein kleines Mädchen jahrelang gefangen gehalten, bis es schließlich fliehen konnte.
Mehr muß ich nicht wissen und eigentlich nicht einmal das.
Der offene Brief ist in der Tat eigenartig und voller Widersprüche. (Ich unterstelle dem Verfasser, und damit schmeichele ich ihm, denn alles andere wäre viel schlimmer, momentane geistige Verwirrtheit. Lassen wir es dabei bewenden.)
Mehr muß ich nicht wissen und eigentlich nicht einmal das.
Genau. Niemand muß das.
Danke für Deinen Beitrag.