Failed Planet

Failed states(nations), rogue states, feral cities. Die USA sind so sehr mit der Rettung der Welt und mit dem, was die Anderen falsch machen, beschäftigt, daß sie offensichtlich vergessen, vor der eigenen Tür zu kehren.
Schwacher Trost: Imperien kommen und gehen. Die Geschichte wiederholt sich. Irgendwann, in ferner Zukunft, wenn das gerade anbrechende Zeitalter des Neoobskurantismus zu Ende sein wird, werden wir gewiß die Neoaufklärung erleben.
NavigatorSchneiberg - 26. Sep, 09:30

Call me Snake ...

Die amerikanische Navy entdeckt Szenarien ala "Die Klapperschlange" als Battleground. Das ermöglicht den nahtlosen Einsatz von modernen Ballerspielen als Trainingssimulationen (stellt sich die Frage, wann die Ausbildung zum Redneck beginnt? Vielleicht ist hier schon lange eine Verschwörung der Army-Gameplay-Connection im Gange?)
Als SF-Fan würde ich sagen, die Militärstrategen entdecken den "Sprawl" ... allerdings werden dort eher Konzerne und Franchise-Unternehmen als Staaten Krieg führen.

Was das Buch von Münkler anbelangt, so erscheint es mir auf den ersten (wirklich allerersten) Blick etwas banal. Geschichtswissenschaft light. Aussagen wie "Seit dreitausend Jahren wurde die Weltpolitik durch Universalreiche bestimmt." erscheinen mir verengt und eher Ausdruck eine vereinfachenden Geschichtsinterpretation, die man zur Zeit vor allem gerne auf die USA ausschüttet. Das ist das übliche "die USA ist das neue römische Reich"-blablabla. Macht man die Geschichtswissenschaft selbst zum Objekt der Betrachtung, so fällt auf, wie jede Epoche die Vergangenheit zur Rechtfertigung anderer Theoreme verwendet. Der Blick und die Interpretation der Vergangenheit wandelt sich mit jeder Gegenwart. (gutes Beispiel ist z.B. die Etablierung des Begriffs "Mittelalter" in der Renaissance, um so den Anschluss an die Antike zu finden und die dazwischen liegenden Jahrhunderte bloss als "Übergangszeit" einzusortieren.)

Aus meiner Sicht vermischen Bücher wie das von Münkler historisches Allerweltswissen mit griffigen wie oberflächlichen Gegenwarts-Interpretationen.

fely - 26. Sep, 14:08

Ich nähere mich jedem Thema mit der Unbekümmertheit des Dilettanten, lieber Navigator. Ich schnappe eine Idee auf, versuche sie aus einer (für mich selbst) neuen Perspektive zu sehen, und wenn mir dies einigermaßen zu gelingen scheint, trage ich das Resultat vor mir her. In meinem rhetorischen Eifer überzeichne ich, gehe schlampig mit Details um, und bin ungerecht. Alles in allem: ich bin ein ignorantes Ekel. (Dabei, wohlgemerkt, habe ich auch etwas übertrieben.)
Das Buch von Münkler habe ich lediglich als ein Beispiel unter vielen anderen gesehen, die alle mehr oder weniger etwas ähnliches propagieren: den Aufstieg Amerikas zu einem globalen Imperium und seinen künftigen, nach dem römischen Vorbild immanenten, Fall. Was ich zitiere, das ist schlicht die Idee. Solche Parallelen greifen natürlich, wenn man streng wissenschaftliche Maßstäbe anlegt, viel zu kurz, da gebe ich Dir recht. Meine Aussage „Die Geschichte wiederholt sich“ oder meine Prophezeiung des Neoobskurantismus wären in einem solchen Zusammenhang auch nicht haltbar. Nein, die Geschichte wird sich nicht widerholen, weil die historischen Bedingungen sich radikal geändert haben. Der Mensch wiederholt sich aber, denn er hat sich in den vergangenen zwei Millenien kaum geändert.
NavigatorSchneiberg - 26. Sep, 22:15

Rom, Athen oder Sparta?

Meine Bemerkung war in keinster Weise als Kritik an dir gedacht. Eher als Kritik an den Büchern, wie du sie auch in deiner Antwort nochmal dankenswerterweise verlinkt hast.
Auch Historiker müssen, wer hätte das gedacht, Geld verdienen, denn was nützt die schönste Forschung, wenn daheim die Kinder hungern. Verdienen kann man mit Sachbüchern aber nur, wenn sie den Zeitgeist treffen. Und es ist schwer vorstellbar, dass zur Zeit ein Buch über die IRA oder die ETA auf Präsentationsständerchen vorne ins Schaufenster kämen. Also macht sich, wie zu anderen Zeiten mit anderen Themen auch, eine Riege Historiker, Journalisten, beigemischt mit ein paar Scharlatanen daran, den Zeitgeist abzugrasen. Dass dabei der ein oder andere ebenso griffige wie unhistorische Geschichtsvergleich dabei heraus kommt, ist unvermeidlich.
Wie banal dabei zum Beispiel ein Vergleich USA - Römisches Reich ist, zeigt sich daran, dass man - wenn man will - die USA auch mit dem antiken Athen vergleichen kann: eine starke, kulturell und wirtschaftlich dominante Macht bildet ein Bündnisssystem (attischer Seebund=NATO), das immer mehr zum Zwangskorsett für die Bündnispartner wird, die in eine Reihe eskalierender Konflikte (Peloponnesischer Krieg, (eigentlich Kriege)=Irak I+II, Iran?) hineingezogen werden. Oder man kann die USA mit dem Hauptgegner der Athener in diesen Kriegen vergleichen, den Spartanern. Nach außen die großen Diktaturen-Stürzer, die Kämpfer gegen Despoten und Unterdrückung, aber nach innen ein System völliger Kontrolle und Gleichmachung mit Lust auf Militärpathos und nur mühsam kontrollierter, gewaltbereiter Jugend.
Jeder der drei Vergleiche ist Unsinn, hält einem genauen Blick nicht stand. Aber jeden dieser Vergleiche kann ich mir so hinbiegen, wie es meiner Rhetorik in den Kram passt. Und das ist schwacher Journalismus. Es ist nicht Geschichtswissenschaft, es ist Vergangenheitsplünderung zur Gegenwartsdeutung und letztlich erzeugt es die Bilder erst, die es vermeindlich entdeckt, denn die übrigbleibende Feststellung, es gab Reiche und mächtige Staaten und das gibt es heute immer noch ist, wie gesagt, banales historisches Alltagswissen. Kaum ein Buch wert.
Meinung tarnt sich als Erkenntnis und Vorurteil findet Fundamente. Aber dafür musste die Geschichte immer herhalten, von den alten Römern (da sind sie wieder) bei denen sich jeder Reiche und Schöne bis zum Erbrechen auf Stadtgründer zurückführen musste, bis hin zum Märchen vom "dunklen Mittelalter". That's the way it is. Deshalb auch keine Kritik, sondern bloss ein Zwischenruf.
fely - 27. Sep, 10:20

Ich habe Deinen Kommentar auch nicht als persönliche Kritik empfunden, lieber Navigator, fand jedoch die Gelegenheit sehr günstig, um ein paar pro domo Gedanken zu äußern.

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