Mondfinsternis
Ende Oktober 2004, kurz nach acht Uhr morgens.
Es klingelte. Ich guckte durchs Fenster. Am Tor war schon wieder dieser Knirps auf dem Fahrrad, der einem Löcher in den Bauch fragt. Er hielt sich mit der rechten Hand am Tor fest und übte mit seinem Mountainbike Standsprünge. Was zum Teufel treibt er so früh auf der Straße? Es sind doch Schulferien.
Ich war schon fertig angezogen, also schnappte ich mir die Aktentasche und lief raus zum Tor.
"Was ist? Warum klingelst du?"
"Habe ich geklingelt? Ich wollte mir nur die Klingelbeschriftung anschauen. Habt ihr einen Hund?"
Das hatte er mich bisher mindestens hundertmal gefragt, wobei in der Hälfte der Fälle der Hund sogar anwesend war. Und außerdem prangerte ein Schild "Come in and make my day!" mit dem Bild eines Schäferhundes am Tor, direkt unter seiner Nase. Bevor ich antworten konnte, kam die nächste Frage:
"Weißt du, wie eine Mondfinsternis entstehen tut? Ich weiß es! Wir haben das nämlich in der Schule gelernt." Das war wenigstens ein aktuelles Thema.
"Ja, das tue ich wissen, ich habe nämlich auch mal eine Schule besucht. Jetzt laß bitte das Tor los, ich will gleich wegfahren."
"Sonne, Erde und Mond sind auf einer Linie" erklärte er mir stolz. "Genau in dieser Reihenfolge! Und die Erde wirft einen Schatten auf den Mond!"
"Das macht sie auch bei Neumond" sagte ich unvorsichtigerweise. Jetzt hatte er mich.
"Was glaubst du, gäbe es eine Mondfinsternis auch ohne Sonne?"
"Aber ja doch. Das wäre die ultimative Mondfinsternis. Absolut total und ewig."
"Warum ist aber der Mond doch zu sehen, auch bei einer totalen Mondfinsternis?"
"Bißchen Licht gelangt doch zum Mond. Das kommt durch Lichtbrechung in der Erdatmosphäre. Daher auch die rötliche Farbe, wie bei einem Sonnenuntergang auch."
"Wie beim Regenbogen?"
"Ja, ähnlich."
Hier wurde ich von einem anderen radfahrenden Knirps gerettet, der mit hoher Geschwindigkeit vorbeiflitzte, indem er die ganze Straßenbreite, von Bürgersteig zu Bürgersteig, für seine Schlangenlinien benutzte.
"Das ist der Fabian! Ich muß ihn unbedingt was fragen!" sagte der erste Knirps und stand vom Sattel auf, um besser anfahren zu können.
Ich machte das Tor auf und fuhr mein Auto auf die Straße. Als ich das Tor wieder schloß, war der Knirps wieder da.
"Ich habe ihn verpaßt" stellte er ohne besondere Reue fest. Er konnte offensichtlich mit Enttäuschungen sehr gut umgehen. Ich hatte mich in der Zwischenzeit schon mit einem Bein ins Auto gerettet.
"Tschüß!"
"Tschüß!"
Im Rückspiegel konnte ich noch sehen, wie er wieder klingelte. Die Schulferien gaben allen Grund zu der Annahme, daß außer dem Hund auch noch die Kinder zu Hause waren.
Es klingelte. Ich guckte durchs Fenster. Am Tor war schon wieder dieser Knirps auf dem Fahrrad, der einem Löcher in den Bauch fragt. Er hielt sich mit der rechten Hand am Tor fest und übte mit seinem Mountainbike Standsprünge. Was zum Teufel treibt er so früh auf der Straße? Es sind doch Schulferien.
Ich war schon fertig angezogen, also schnappte ich mir die Aktentasche und lief raus zum Tor.
"Was ist? Warum klingelst du?"
"Habe ich geklingelt? Ich wollte mir nur die Klingelbeschriftung anschauen. Habt ihr einen Hund?"
Das hatte er mich bisher mindestens hundertmal gefragt, wobei in der Hälfte der Fälle der Hund sogar anwesend war. Und außerdem prangerte ein Schild "Come in and make my day!" mit dem Bild eines Schäferhundes am Tor, direkt unter seiner Nase. Bevor ich antworten konnte, kam die nächste Frage:
"Weißt du, wie eine Mondfinsternis entstehen tut? Ich weiß es! Wir haben das nämlich in der Schule gelernt." Das war wenigstens ein aktuelles Thema.
"Ja, das tue ich wissen, ich habe nämlich auch mal eine Schule besucht. Jetzt laß bitte das Tor los, ich will gleich wegfahren."
"Sonne, Erde und Mond sind auf einer Linie" erklärte er mir stolz. "Genau in dieser Reihenfolge! Und die Erde wirft einen Schatten auf den Mond!"
"Das macht sie auch bei Neumond" sagte ich unvorsichtigerweise. Jetzt hatte er mich.
"Was glaubst du, gäbe es eine Mondfinsternis auch ohne Sonne?"
"Aber ja doch. Das wäre die ultimative Mondfinsternis. Absolut total und ewig."
"Warum ist aber der Mond doch zu sehen, auch bei einer totalen Mondfinsternis?"
"Bißchen Licht gelangt doch zum Mond. Das kommt durch Lichtbrechung in der Erdatmosphäre. Daher auch die rötliche Farbe, wie bei einem Sonnenuntergang auch."
"Wie beim Regenbogen?"
"Ja, ähnlich."
Hier wurde ich von einem anderen radfahrenden Knirps gerettet, der mit hoher Geschwindigkeit vorbeiflitzte, indem er die ganze Straßenbreite, von Bürgersteig zu Bürgersteig, für seine Schlangenlinien benutzte.
"Das ist der Fabian! Ich muß ihn unbedingt was fragen!" sagte der erste Knirps und stand vom Sattel auf, um besser anfahren zu können.
Ich machte das Tor auf und fuhr mein Auto auf die Straße. Als ich das Tor wieder schloß, war der Knirps wieder da.
"Ich habe ihn verpaßt" stellte er ohne besondere Reue fest. Er konnte offensichtlich mit Enttäuschungen sehr gut umgehen. Ich hatte mich in der Zwischenzeit schon mit einem Bein ins Auto gerettet.
"Tschüß!"
"Tschüß!"
Im Rückspiegel konnte ich noch sehen, wie er wieder klingelte. Die Schulferien gaben allen Grund zu der Annahme, daß außer dem Hund auch noch die Kinder zu Hause waren.
fely - 5. Apr, 11:14